KATHARINA SCHLÄFT "El Che" (18) © 2009, Sonja Hubmann


Nachdem das Leben der Guevara-Vorfahren nun ausführlichst geschildert worden war, fügte Ernesto etwas nachdenklich hinzu: „Tja, mein Großvater Roberto hatte wirklich kein einfaches Leben als Landvermesser am Campo del Cielo im Chaco-Gebirge.“ Ernesto Senior nickte zustimmend: „Ja, ich habe meinen Kindern oft von seinen Abenteuern erzählt. Offensichtlich ist es einem echten Guevara nicht vergönnt, ein angenehmes und ruhiges Leben zu führen.“, lachte der kräftig gebaute Brillenträger.

Matías, der während dieser Geschichte über die Guevara-Familienchronik, Katharina einen interessierten Blick geschenkt hatte, erkundigte sich nun der Gerechtigkeit halber bei der Gastgeberin: „Hatten Ihre Vorfahren ähnliche Strapazen durchleben müssen?“ Celia neigte den Kopf nachdenklich hin und her und lieferte einen vergleichswiese kurzen und unspektakulären Beitrag zum Thema Ahnen: „Meine Mutter, Edelmira de la Llosa Lacroze, verstarb leider sehr früh. Meinen Vater, Juan Martín de la Serna Ugalde, habe ich gar nicht kennengelernt. Da ich die Jüngste unter meinen Geschwistern war, hatte ich es nicht immer ganz leicht, aber so ist das Leben eben.“ Katharinas versuchte mit einer neugierigen Frage an der Konversation teilzunehmen: „Wie viele Geschwistern hatten Sie?“ Celia de la Serna seufzte erschöpft: „Drei Brüder und drei Schwestern.“ Das Mädchen zeigte sich von dieser Anzahl durchaus beeindruckt und hauchte ein anerkennendes „pff“. 

Natalia hingegen interessierte sich für ein anderes Detail: „Wieso haben Sie Ihren Vater nicht mehr kennen gelernt?“ Celia antwortete mit einer kaum wahrnehmbaren Traurigkeit in ihren dunklen Augen: „Er hat Selbstmord begangen, da war ich erst zwei Monate alt. Von da an hatte meine ältere Schwester Carmen die Erziehung übernommen.“ Das mitfühlende Raunen, das sich kaum hörbar wie eine Welle um den Tisch zog, wurde jedoch von Ernesto Senior unterbrochen, der sich über diese Aussage weniger gerührt zeigte. Er kaute gerade an einem großen Stück Fleisch herum und schmatzte: „Eine sehr religiöse …“, er würgte den widerspenstigen Bissen hinunter, „… Erziehung. Mich hätten keine zehn Pferde ins Sacre Coeur gebracht.“, grinste er.

„Ich hatte leider keine andere Wahl“, gestand Celia fast ein wenig ärgerlich, fügte dann aber mit einigem Stolz hinzu: „aber diese ganzen katholischen Zwänge habe ich schon bald abgelegt, besonders als ich meinen Mann getroffen habe …“, sie schenkte Ernesto Senior einen vielsagenden Blick, fuhr dann aber mit einem lächelnden Seufzer fort, „… aber das Gute am Sacre Coeur war, dass ich wenigstens perfekt Französisch gelernt habe.“, berichtete Celia in alten Erinnerungen schwelgend. Ihr Mann stimmte bewundernd zu: „Ja, Celia spricht wirklich hervorragend Französisch und Ernestito, auch. Stimmt’s, mein Junge?“, richtete er die rhetorische Frage an seinen ältesten Sohn Ernesto, der sich über die Verniedlichung seines Namens aber nicht zu mokieren schien, da er gerade heißhungrig mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt war. Ein gebrummtes „mhm“ war der einzige Laut, der über seine Lippen rollte. 

Katharina schenkte ihrer Freundin Natalia einen amüsierten Blick und sah anschließend zu Matías hinüber, der sich über Ernestos Essgewohnheiten ebenfalls erheitert zeigte.
(Ende Teil 18 / Fortsetzung folgt)


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