KATHARINA SCHLÄFT "El Che" (42) © 2009, Sonja Hubmann
Obwohl sich Katharina sehr über ihren männlichen Begleiter freute, so wurde dieser romantische Spaziergang doch ein wenig von ihren unangenehmen Kopfschmerzen getrübt. „Wo genau wohnst Du?“, wollte Matías harmlos wissen. Katharina beschrieb ihm den Weg mit den Worten: „Es ist nicht besonders weit von hier, vielleicht eine halbe Stunde Gehzeit.“ Matías gab sich mit dieser vagen Beschreibung aber zufrieden und erkundigte sich besorgt: „Wie schlimm sind Deine Kopfschmerzen?“
„Es geht so, aber ich bin diesen Zigarrenqualm nicht gewohnt. Meine Eltern sind nämlich fast militante Nichtraucher.“, vermeldete sie mit müden Augen. Die beiden marschierten durch die laue Abendluft und genossen die angenehmen Temperaturen. Die spärliche Straßenbeleuchtung verlieh dem Spaziergang ein durchaus romantisches Ambiente. Sie plauderten über die Schule, das Wetter und natürlich auch über Natalia und Ernesto. Als sie beim Thema „Ernestos Eltern“ angelangt waren, äußerte Matías ein schon seit längerem kursierendes Gerücht: „Man sagt Ernesto Senior einige Affären nach, die er schon damals in Alta Gracia gehabt haben soll.“
Katharina runzelte ungläubig die Stirn: „Niemals. Celia
ist wunderschön und ich hatte den Eindruck, dass sich die beiden sehr gut
verstehen.“ Matías zuckte schmunzelnd die Schultern: „Nun, das eine schließt
das andere ja nicht aus. Vielleicht hat sich Celia de la Serna ja mit den
Seitensprüngen ihres Mannes arrangiert.“ „Das könnte ich niemals.“, gestand Katharina fassungslos. Matías lächelte: „Du glaubst
an die einzig wahre, große Liebe?“ Er hielt bei dieser Frage an und sah ihr tief
in die Augen. Katharina senkte errötend den Blick und murmelte ein kaum hörbares
„ja“. Hätte sie ihm jetzt sagen sollen, dass sie sich soeben in ihn verliebt hatte?
Nein, falscher Zeitpunkt, falscher Ort und abgesehen davon, wäre es wohl
besser, wenn er den ersten Schritt wagen würde.
Avenida
Chile, vor dem Haus der Guevaras, Córdoba (Argentinien)
Auf dem Weg zu Katharinas Wohnadresse kamen die beiden zwangsläufig wieder am Haus
der Guevaras in der Avenida Chile vorüber. Auf der Straße war ein altes Motorrad
geparkt, das Matías sofort erkannte: „Sieh‘ mal, da steht die Pedorra von Senior
Guevara.“ Katharina betrachtete das eigentümliche Gefährt aus sicherer Entfernung
und wunderte sich, wie es überhaupt möglich sein sollte, mit diesem Ding halbwegs
sicher durch den Straßenverkehr zu kommen. Bei dieser Gelegenheit erinnerte sie
sich wieder an ihre vergessene Weste und bat Matías, kurz auf sie zu warten. Der Junge war damit einverstanden und nutzte die Zeit zur intensiveren Begutachtung
des Motorrades.
Gerade, als Katharina an die Türe klopfen wollte, bemerkte sie, dass diese einen Spalt breit offenstand. Vorsichtig wagte sie sich ins Innere der Wohnung und vernahm aus dem oberen Teil des Hauses immer lauter werdende Stimmen. Es handelte sich dabei eindeutig um jene von Celia de la Serna und ihrem Mann Ernesto Guevara Lynch. Die beiden fochten gerade eine wilde Diskussion aus. Katharina schlich auf Zehenspitzen ins Esszimmer. Dort entdeckte sie wie erwartet ihre Weste, die immer noch einsam und verlassen über der Sessellehne hing. Obwohl sie möglichst rasch wieder nach draußen eilen wollte, siegte ihre Neugier. Ohne es richtig zu wollen, näherte sie sich dem unteren Rand der Treppe und belauschte interessiert aber vorsichtig das Streitgespräch der beiden.
(Ende Teil 42 / Fortsetzung folgt)
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