KATHARINA SCHLÄFT "Venedig in Wien" (15) © 2009, Sonja Hubmann

Nachdem die fahrenden Sänger weitermarschiert waren, erkundigte sie sich bei Markus: „Wie hieß eigentlich das Lied, das sie vorhin alle gemeinsam gesungen haben?“ „Sie meinen die ‚Margherita‘?“, vergewisserte er sich verschmitzt und ergänzte, „nun, mich wundert nicht, dass Sie das Lied in dieser eigenwilligen Variation nicht wiedererkannt haben, aber durch die hervorragende Schauspielkunst dieser Männer und Frauen hat dieses abgeleierte Werk einen ganz neuen Reiz bekommen.“ 

Katharina nickte verständnisvoll, konnte sich aber dennoch nicht daran erinnern diese „Margherita“ jemals zuvor in irgendeiner Form gehört zu haben. Markus drängte indessen zu der von ihm erwähnten Veranstaltung mit dem Unterhaltungskünstler Ludwig Gottsleben: „So, jetzt aber nichts wie in den campo primo. Ich bin sicher die Vorstellung hat schon begonnen!“ 

Da Katharina keine Ahnung hatte, wer dieser besagte Herr war, wollte sie sich von der Darbietung einfach überraschen lassen. Und schon nach wenigen Minuten war klar, dass es eine äußerst positive und amüsante Überraschung war. Der beleibte Künstler bot ein abwechslungsreiches Programm aus g’spaßigen Couplets und wortgewandten Textvorträgen. Das eigentliche Amüsement daran war aber Ludwig Gottsleben selbst. Seine frechen Augen wanderten verschmitzt durchs Publikum, wobei er seine drolligen Hängebäckchen zeitweise nach oben zog und frech lächelte. 

Seine Kurzatmigkeit zwang ihn zwar beim Singen immer wieder zu kleinen Kunstpausen, aber das schien weder ihn selbst noch das Auditorium zu stören. Im Gegenteil: Gekonnt baute er diese gesanglichen Unzulänglichkeiten in sein Unterhaltungsprogramm ein und watschelte dabei auch noch flink von einer Seite der Bühne zur anderen. 

Katharina musste einige Male wirklich herzhaft lachen. Als kleine Erinnerung an diese humorvolle Vorstellung, faltete sie den Ankündigungsflugzettel mehrmals zusammen und steckte ihn unter ihren weißen Blusenärmel. Nachdem Markus am Ende der Schau noch ein paar Worte mit Ludwig Gottsleben gewechselt hatte, begaben sich die beiden jungen Leute wieder auf eine der Promenaden, um sich weitere Attraktionen anzusehen. 

Ihr Weg führte sie durch einen lauschigen Laubengang, durch dessen offenen Bogen man direkt auf den nachgebauten Marcusplatz und die Piazzetta sehen konnte. Die optische Täuschung dieser Panorama-Malerei war derart gelungen, dass Katharina beinahe wirklich auf den offenen Platz hinaustreten wollte und gerade noch von Markus zurückgehalten werden konnte: „Vorsicht, nicht gegen die Wand!“, warnte er sie vor der harten Mauer, auf die dieses Kunstwerk aufgetragen war. „Oh“, lachte sie peinlich berührt und lugte durch einen weiteren Bogen auf den farbenfrohen Kanal, über den sich der originale Nachbau der Seufzerbrücke zwischen dem Dogenpalast und dem Staatsgefängnis wölbte. 

Als sie sich an der malerischen Großtat endlich satt gesehen hatte, wollte sie natürlich wissen von wem dieses Gemälde stammte. Markus stand ihr einmal mehr mit der richtigen Antwort zur Seite: „Das waren die Herren Kautsky und Rottonara, zwei begnadete Theatermaler.“ Katharina zollte den beiden Künstlern stillen Tribut und würdigte das Werk mit einem ehrfurchtsvollen Blick. 

(Ende Teil 15 / Fortsetzung folgt …)

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