KATHARINA SCHLÄFT "Venedig in Wien" (16) © 2009, Sonja Hubmann

Das nächste Ziel, das Markus nun anstrebte war der unübersehbare Circus Busch, ein riesiges Rundgebäude, das mit einer kleinen Kuppel geziert war. Als Sensation wurden spektakuläre Ringkämpfe angekündigt. Markus merkte aber ziemlich rasch, dass dieser grobe Männersport nicht gerade nach dem Geschmack seiner zierlichen Begleiterin war. 

Katharina verspürte darüber hinaus auch schon ein leichtes Hungergefühl und hoffte, dass Markus bald den Vorschlag eines Restaurant-Besuchs machen würde. Tat er aber nicht und so blieb ihr nichts anderes übrig, als eine vorsichtige Anfrage zu wagen: „Also, ich glaube, schön langsam bekomme ich etwas Hunger. Kann man hier irgendwo günstig Essen?“ Natürlich lag ihre Betonung auf günstig, da sie fürchtete, dass sie mit 50 Kreuzern kein Schlemmermenü bekommen würde. 

Ihr charmanter Begleiter entschuldigte sich sofort für seine Unaufmerksamkeit und sprach sogleich eine Essenseinladung aus: „Verzeihen Sie, Mademoiselle Katharina, aber bei all den Attraktionen, die es hier zu sehen gibt, habe ich fast vergessen, dass auch ich hungrig bin. Ich möchte Sie gerne in das „Buffet e Bar Tommasoni“ einladen. Diese Gaststätte müsste hier ganz in der Nähe sein und dort speist man wirklich vorzüglich.“, pries er das italienische Ristaurante an. Unter normalen Umständen hätte Katharina eine Einladung vermutlich stolz abgelehnt, aber in Anbetracht ihrer misslichen finanziellen Lage, akzeptierte sie das großzügige Angebot. 

Die beiden hungrigen Ausstellungsbesucher hatten Glück und bekamen einen soeben freigewordenen Platz auf der Terrasse, von wo aus sie einen herrlichen Blick auf den Kanal und die vorüberfahrenden Gondeln hatten. Katharina bewunderte eine davon, die besonders durch ihr kunstvoll gewebtes Zelt aus Goldbrokat auffiel. Dieser Baldachin war über die Köpfe der beiden Insassen gespannt, die sich in trauter Zweisamkeit umarmten. „Welch‘ eine Pracht“, staunte das Mädchen beeindruckt, während sie dem gefühlvollen Gesang des Serenaden-Sängers lauschte, der mit wohlig klingender Stimme seine Passagiere unterhielt. Auch Markus schien gerade in romantischen Tagträumen zu versinken. 

In diesem Moment näherte sich die beleibte Kellnerin, deren schwarze Haarpracht fast zur Gänze von einem dünnen, weißen Tuch bedeckt war. Die Zipfel dieser traditionellen Kopfbedeckung standen frech zu beiden Seiten empor und genauso erkundigte sie sich auch nach den Wünschen ihrer jungen Gäste: „Salve, posso portarvi qualcosa da mangiare o da bere?“ 

Katharina und Markus sahen einander fragend an, was die gut gelaunte Servierkraft dazu veranlasste, ihre Frage nun in gebrochenem Deutsch zu wiederholen und den beiden noch im selben Atemzug einen enthusiastischen Vortrag über die Venezianische Küche und deren Spezialitäten zu halten. Da fielen Worte wie „Bussolà“, „Baccalà“ oder „Fegato“, womit die beiden Restaurantbesucher allerdings herzlich wenig anfangen konnte. 

Katharina musste jedoch über den eigenartigen Akzent der schon etwas älteren Dame etwas schmunzeln, vor allem darüber wie sie mit Händen und Füßen versuchte, ihnen eine Speise nach der anderen schmackhaft zu machen. Das Mädchen hätte in diesem Moment aber alles gegessen, so hungrig war sie. Am Ende offerierte ihnen die temperamentvolle Kellnerin aber „Cicchetti“, ein paar Appetithäppchen, die „aufs Haus“ gehen sollten, also gratis waren. Danach entschlossen sich Markus und Katharina für zwei Portionen „Risi e Bisi“, Reis mit Erbsen, diesmal jedoch gegen Bezahlung und zum Abschluss wollten sie eine Süßigkeit namens „baci in gondola“ probieren, was übersetzt „Küsse in der Gondel“ bedeutete. 

Katharina und Markus speisten aufgrund ihres Hungers etwas wortkarg und entschlossen sich die venezianischen Schoko-Plätzchen als Wegzehrung mitzunehmen. Frisch gestärkt verließen sie den gastlichen Ort in Richtung Riesenrad, machten zwischendurch aber immer wieder vor einigen Pavillons Halt und lauschten den musikalischen Darbietungen, die aus Werken von Franz Lehár, Carl Michael Ziehrer und auch Johann Strauß bestanden.

(Ende Teil 16 / Fortsetzung folgt …)

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