KATHARINA SCHLÄFT "Venedig in Wien" (27) © 2009, Sonja Hubmann

Emilie überblätterte gelangweilt die weiteren Stellenangebote und amüsierte sich stattdessen lieber über die Heiratsanzeigen. „Schau mal“, forderte sie Katharina grinsend auf, „der Heiratsantrag eines Adeligen: 30 Jahre, mit sehr gutem Einkommen sucht eine seiner Stellung gleichkommende Partie, tadelloses Vorleben!“ „Welches Vorleben meint er, seines oder das der Dame?“, schmunzelte Katharina, woraufhin Emilie herzhaft loslachte. 

Die beiden Mädchen kicherten nach jeder gelesenen Annonce lauter, ohne sich dabei um die betretenen Blicke der vorbeigehenden Parkbesucher zu kümmern. Da Emilie vor Lachen keine Zeile mehr lesen konnte, übernahm dies nun Katharina, die ebenfalls Mühe hatte die Worte aneinander zu reihen: „Junger, fescher Ingenieur bietet Herz und Hand derjenigen Dame, die ihm mit 100 Gulden aus momentaner Verlegenheit hilft!“ 

Und wieder gackerten die beiden wie zwei junge Hühner drauflos. Ihr Lachanfall steigerte sich zum Furiosum als sie auf eine großformatige Anzeige stießen, in der ein „geruchloses Patent-Zimmercloset“ angeboten wurde, da angeblich „die meisten Krankheiten ihre Ursache in den offenen, dem Luftzuge ausgesetzten Closets haben“, zitierte Katharina in völlig übertriebener Leseform. „Kannst Du Dir vorstellen, Dich da drauf zu setzen?“, brüllte Emilie, der bereits die Tränen aus den Augen kullerten. 

Katharina konnte nur mehr wortlos verneinen, da sie ebenfalls von Lachkrämpfen gebeutelt war. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass ihr Mieder dabei ein Stück an der Seite aufgeplatzt war. Sie störte sich daran aber kein bisschen, da sie nun endlich wieder etwas freier atmen konnte.   

In diesem Moment kamen die beiden Männer wieder zurück und mussten feststellen, dass man die jungen Damen wohl doch nicht so lange hätte alleine lassen dürfen. „Sie scheinen sich ja prächtig zu amüsieren.“, bemerkte Markus schmunzelnd. Emilie und Katharina nickten und versuchten sich wieder etwas zivilisierter zu benehmen. 

Spätestens als sich Emilies Vater nach den Stellenanzeigen erkundigte, war die Sache nicht mehr ganz zu lustig. Doch seine Tochter versuchte die Situation mit gespielter Leichtigkeit zu entschärfen: „Papa, das hier ist ein Vergnügungspark. Es bringt Unglück, wenn man hier Probleme wälzt. Lass uns doch noch ein wenig über die Brücken bummeln.“ Franz Lechner willigte etwas mürrisch ein und bot Emilie seinen Arm als Geleit an. Seinem Beispiel folgend, reichte auch Markus seiner hübschen Begleiterin den Ellenbogen, die sich bereitwillig einhakte. 

Ein vielsagender Blickwechsel zwischen Katharina und Emilie veranlasste letztere zu einem Vorschlag: „Papa, vielleicht wäre es besser, wenn wir uns in Anbetracht der vielen Menschen trennen würden. Dann sehen wir bestimmt mehr vom Park!“ Franz Lechner runzelte die Stirn und entgegnete verwirrt: „Was meinst du mit TRENNEN?“ Ohne lange zu überlegen, ergänzte Emilie rasch: „Also, ich mit dir und Herr Friedmann mit Katharina.“ 

Franz Lechner grübelte sichtlich unentschlossen: „Ich weiß nicht so recht, ob das eine gute Idee ist.“ Nun ergriff auch Katharina das Wort und lächelte unschuldig: „Wir könnten uns ja nach den Feierlichkeiten wieder treffen. Dann werden bestimmt nicht mehr so viele Leute unterwegs sein.“ Nun fand auch Markus es an der Zeit, ein Argument vorzubringen: „Ich bin ein Gentleman, Herr Lechner, und werde natürlich gut auf die junge Mademoiselle aufpassen.“ Emilies Vater, der nach so viel Fürsprache nichts mehr entgegnen wollte, nickte nachgiebig: „Nun denn, dann treffen uns spätestens am Ende der Feierlichkeiten vor dem französischen Restaurant unter dem Riesenrad.“ 

Währenddessen Emilie ihrer Freundin Katharina unbemerkt zuzwinkerte, versicherte Markus abermals, gut auf das junge Fräulein an seiner Seite zu achten. Emilie zog Katharina in einem unbeobachteten Augenblick ein Stück zu sich und flüsterte ihr ins Ohr: „Das ist doch superbe. Jetzt kannst Du mit ihm noch eine Runde in der Gondel fahren.“ Ebenfalls im Flüsterton wisperte Katharina zurück: „Danke, ich schulde dir einen Gefallen.“ „Du musst mir dann unbedingt alles erzählen.“, bestand Emilie auf einem umfassenden Bericht.

(Ende Teil 27 / Fortsetzung folgt …)

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